Mit Rolf Enz hat Däniken wieder einmal einen Schweizermeister. Das war ein Anlass für ein Interview, das ich Ihnen auch besonders empfehle.

Das Spate-Interview (Redaktor Ruedi Vorburger)

Der wohl erfolgreichste Sportler in un­serem Dorf ist zweifellos Rolf Enz. Mit seiner Maschine hat er viele Rennen und auch Meisterschaften gewonnen. Eigentlich – so hat er mir vor Jahresfrist vor der Post mitgeteilt – wolle er mit dem nicht ungefährlichen Rennsport aufhören. Trotz schon einiger erlittener schmerzvoller Stürze war wohl die Leidenschaft oder der Virus zum Endurosport stärker als die Absicht – und das mit Erfolg. So hat er die laufende Saison mit dem Schweizermeistertitel abgeschlossen!

Fragen an Rolf Enz

Spate: Rolf Enz, vorerst herzliche Gratulation der Spate-Leserschaft zum Schweizermeistertitel! Hast du als erfolgreicher Motorsportler noch Übersicht über dein reichhaltiges Palmarès?

Rolf Enz: Herzlichen Dank für die Glückwünsche, ich freue mich sehr. Ich freue mich auch sehr, dass über meinen Sport berichtet wird und bedanke mich sehr für diese Plattform.

Die Übersicht über meine Erfolge im Motocross schwindet langsam, es bleiben ein paar Fotoalbume. Da behalte ich meine erfolgreichsten Jahr 1997/1998 in Erinnerung, wo ich zuvorderst um den nationalen 500ccm Titel kämpfte und auch die Neuseeländische Meisterschaft bestritt.

Meine 2. «Karriere», der Endurosport, hingegen ist sehr präsent. Ich habe sämtliche Pokale seit 2012, mein «Einsteigerjahr» behalten. Auch meine Helme und selbstverständlich meine Medaillen, die einem am Ende des Jahres übergeben werden, wenn man auf dem Jahrespodest steht. Letztere hangen in meinem Flur, wo ich täglich x-fach daran vorbei gehe. Die Pokale sind in meinem Trainingsraum und dienen mir als Motivationsschub während einsamen Wintertrainings.

Spate: Du bist erfolgreich im Enduro-Sport. Kann man in wenigen Worten den Unterschied von Enduro zum Motocross erklären?

Rolf Enz: Laut Wikipedia bedeutet Enduro je nach Sprache abgehärtet/ausdauernd». Ein Motocross Rennen findet auf einer abgesperrten Strecke statt, das ca. 30Min. dauert, dabei werden zwei Läufe bestritten.

Enduro hingegen findet in der Natur statt. Je nach Kategorien werden 1-3 Runden (CH’s) à ca. 90Km auf MTB-Weltcup ähnlichen Trails abgefahren. Zusätzlich fahren wir 2-3 gestoppte Sonderprüfungen pro Runde ab. Diese sind die eigentliche Herausforderung des Rennens. Man muss sich diese wie übergrosse Motocross Pisten vorstellen, die mit speziellen Hindernissen wie Baumstämmen, Felsbette, Wasserdurchquerungen, Betonröhren, Waldpassagen auf Wurzeln, Sprünge, Feldpassagen und sonstigen Nettigkeiten gespickt sind.

Die Totale Zeit der SP’s, sowie eine gewisse max. Zeit der CH‘s, die nicht überschritten werden darf, ergibt dann der Tagessieger. Ein Enduro Rennen kann bis 8-9 Stunden am Tag dauern. Deshalb «Enduro» 😊

Spate: Wie bist du zu dieser Sportart gekommen?

Rolf Enz: Ich hängte als 30jähriger den Motocross Sport an den Nagel. 14 Jahre später brachte mich mein Sohn wieder auf den Motocross-Virus. Als ich es jedoch nach ein paar Jahren satt hatte ständig die gleichen Kreise zu drehen, buchte ich eine Enduro Adventure-Tour bei Moto Mader in Oberentfelden. Nach diesem Erlebnis ging ich nach Hause, verkaufte meine Motocross Maschine, bestellte eine Enduro und dann auch noch gleich die Lizenz für die Schweizermeisterschaft. Ich war auf Anhieb fasziniert von dieser Sportart, die konditionell und fahrerisch alles abverlangt und dazu muss man mechanisch auf der Höhe sein, da der Fahrer sein Motorrad selbst warten muss, Fremdhilfe ist verboten. Nur der kompletteste Fahrer kann schlussendlich ein Rennen gewinnen.

Spate: Wieviele Rennen umfasst jeweils die Schweizer-Meisterschaft?

Rolf Enz: In der Regel werden von März bis September ungefähr 8 Rennen bestritten. Dazu kommen je nachdem Einsätze in internationalen Bewerbe. Letztes Jahr zB. an der Team Weltmeisterschaft in Italien, ein 6 Tagerennen.

Spate: Wo werden die Läufe ausgetragen?

Rolf Enz: Die meisten SM-Rennen werden hauptsächlich in Frankreich ausgetragen, die internationalen Bewerbe verteilt in ganz Europa. Alle zwei Jahre findet zudem eine SM-Doppelveranstaltung in der Schweiz auf der Panzerpiste in Bure (JU) statt.

Spate: Was für Maschinen fährst du an den Wettbewerben?

Rolf Enz: Grundsätzlich unterscheide ich Enduro von Hard-Enduro. Für ersteres verwende ich ein so genannter «4-Stroke Big-Block», eine KTM 450EXC-F und für den Hard-Endurobereich eine wendige «2-Takter» KTM 300TPI. Das Gewicht der beiden Kubaturen macht mittlerweile keinen grossen Unterschied mehr aus, das Drehmoment- und die Massenträgheit jedoch sehr.

Spate: Wer pflegt die Sportgeräte und macht sie wettbewerbsfähig

Rolf Enz: Ich mache grundsätzlich alles selbst. Das ist zwar sehr zeitintensiv, es gibt mir aber ein gutes Gefühl, weil ich weiss, dass ich jede Schraube selbst angezogen habe. Am Start ist es Matchentscheidend den Kopf frei von zweifelnden Gedanken zu haben. Für Tunings Arbeiten habe ich meine Partner.

Spate: Hast du jeweils ein Team an den Rennen dabei?

Rolf Enz: Für die Schweizermeisterschaft werde ich ständig von meiner Lebenspartnerin Barbara begleitet. Wir sind ein eingespieltes Team, wo vorgängig alles minutiös geplant wird. Für internationale Bewerbe begleitet mich in der Regel zusätzlich mein Sohn als „Suiveur“ -für die WM bin ich in einem Team eingebettet.

Spate: Wieviele Starter hat in der Regel ein Meisterschaftslauf?

Rolf Enz: In der Schweiz sind rund 120 lizenzierte Fahrer am Start, die in jeweilige Kategorien eingeteilt sind. Vor 10 Jahren waren in unserer Kategorie ca. 35Fahrer am Start, aktuell noch ca. die Hälfte. Das variiert von Jahr zu Jahr. Da wir innerhalb der französischen- und belgischen Meisterschaft fahren, sind an einem Renntag meist 400-600 Fahrer am Start. Wir Schweizer brauchen uns da im „Scratch-Resultat“ nicht zu verstecken. Meine Klasse gewinne ich meist auch noch vor den anderen Nationen.

Spate: Rolf Enz, vor einigen Monaten hast du mir einmal erklärt, dass du mit der «Rennerei» aufhören willst. Nun hast du wieder eine weitere Saison erfolgreich beendet. Wo liegt der Reiz beim Enduro-Sport?

Rolf Enz: Grundsätzlich entscheidet mein Körper von Jahr zu Jahr, ob es weiter geht oder nicht. Ich bin noch immer in top Form und solange es keinen medizinischen Grund gibt, dass ich nicht weiter machen kann, bleibe ich dabei. Der Motivationsfaktor ist zuoberst auf der Liste, wie auch mein Umfeld, das Mitmachen muss, sonst geht es nicht.

Auch finanzielle Aspekte spielen eine Rolle. Unser Sport ist sehr kostenintensiv, nicht zuletzt deshalb, weil wir in der Schweiz keine Trainingsmöglichkeiten haben und gezwungen sind Woche für Woche ins Ausland zu reisen.

Ich habe schon viele Sportarten ausgeübt, keine bringt mir diesen Adrenalin-Schub wie Enduro. Übrigens fahre ich nicht nur «Töff». Zu meinem Training gehören Laufen, Radfahren, Schwimmen, Krafttraining ebenso dazu. Da habe ich ein perfektes «Potpourri» an Sportarten, die sich perfekt mit meiner Passion vereinen.

Spate: Ungefährlich ist deine Sportart ja nicht gerade. Wie hoch ist eigentlich die Unfallquote?

Rolf Enz: Die Unfallquote erscheint nicht einmal in den SUVA-Statistiken… Zugegeben, ich habe mir in meinem Leben bereits 25 Knochenbrüche und etliche Bänderverletzungen zugezogen aber die meisten sind gar nie beim Motorradfahren passiert, sondern beim Biken, Ski- oder sonstigen Ausgleichssportarten. Beim Enduro Sport habe ich mich noch nie ernsthaft verletzt.

Spate: Was sagt deine Partnerin dazu, dass du immer noch das Risiko eingehst?

Rolf Enz: Selbstverständlich ist Barbara immer besorgt. Das bin ich auch. Sie sieht aber täglich, wie ich mich professionell auf eine Rennsaison vorbereite und nichts dem Zufall überlasse. Wir gehen nicht zum Plausch im März an dem Start und schauen mal «wie’s läuft». Mein Grundlagentraining startet bereits jeweils im November des Vorjahres. Dazu werde ich von meiner Trainerin Sarah (Swiss Olympic) unterstützt. Das Risiko wird auf ein Minimum reduziert, ich starte nur wenn ich top vorbereitet bin. Übrigens; mein max. Puls ist auch mit knapp 56 Jahren noch 180+, der Ruhepuls weit unter 40Schläge.

Spate: Hast du auch Sponsoren, die dich unterstützen?

Rolf Enz: Ja, ich habe das grosse Glück, dass ich schon seit meiner Junioren Zeit auf die gleichen Förderer zählen kann, die bei meinem Comeback sofort wieder mitgemacht haben. Darunter sind auch internationale Brands. Dabei geht es vor Allem um Material, das mir zur Verfügung gestellt wird und wofür ich sehr dankbar bin. Einen grossen Anteil einer Saison finanziere ich jedoch aus meinem eigenen Sack.

Spate: Wie kann man Sponsor werden und wie hoch wäre der Einsatz?

Rolf Enz: Ich bin grundsätzlich offen für jedes Gespräch. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das fängt beim Erwerb eines Supporter Shirts an, nach oben ist keine Grenze gesetzt. Ich wünsche mir schon lange einen regionalen Sponsor. Ich vertrete das Niederamt Jahr für Jahr immer wieder an vorderster Front. Als Gegenleistung betreiben wir ein professionelles Marketing, wo meine Partner bestens präsentiert werden.

Spate: Gibt es im Enduro auch Preisgelder – von den Pokalen allein kann man ja nicht leben?

Rolf Enz: Es gibt tatsächlich Preisgelder, jedoch erst am Ende des Jahres und nur vom Importeur. Der Verband schenkt dem Meister zusätzlich die Lizenzgebühren für das kommende Jahr. Es gibt viele Leute, die denken, dass man reich wird nach einem Schweizermeistertitel. Das Preisgeld vom Importeur, bei welchem ich für die Saison 2022 wohlbemerkt zwei Motorräder kaufen musste, ist für dieses Jahr ganze CHF 640.00 in Ersatzteilen (.). Dies für eine ganze Saison voller Entbehrungen und mit maximaler Leistung. In allen Bereichen. Nein, man kann nicht leben davon.

Spate: Wie alt sind im Schnitt die Fahrer – du wirst ja in der Presse als «Veteran» tituliert?

Rolf Enz: Grundsätzlich ist die Klasse Veteran ab 37Jahren zugelassen. Das heisst, dass meine Gegner fast 20 Jahre jünger als ich sein können…

Spate: Rolf Enz, wie sehr deine sportliche Zukunft aus?

Rolf Enz: Ich möchte nur noch Spass haben. Dieses Moto gilt eigentlich schon seit 2015 wo ich eigentlich vom aktiven Sport zurück getreten bin. Ich trainiere noch ca. in einem 50% Umfang als zu der Zeit «davor». Aber ich habe Spass daran fit zu bleiben und solange mache ich weiter. Die Gesundheit ist an oberster Stelle.

Und wer weiss, ich bin ja jetzt bereits zweifacher Grossvater, vielleicht will ja irgendwann mal einer meiner Enkel in meine Fussstapfen treten, es gibt noch viel zu tun!

Übrigens: ich suche ein kleines Stück Land in der Nähe Däniken’s, welches mir zur Verfügung gestellt würde und wo ich kleinere Trainings absolvieren könnte, damit ich nicht immer ins Ausland reisen muss. Und warum nicht für den Nachwuchs gewisse Aktivitäten durchzuführen. 

Spate: Gibt es noch einen Titel, der dir fehlt – wenn ja – welcher wäre das?

Rolf Enz: Nein, es gibt nichts mehr, was ich realistischerweise noch gewinnen könnte. Ich habe im letzten Jahr noch das letzte Puzzelteil nach Hause geholt, wo ich für die Schweiz im «Swiss Senior Team » an den ISDE 6DAYS mit zwei weiteren top Enduristen an der Team-WM in Italien am Start war. Ich bin mit der Bronze Medaille nach Hause gekommen, mehr geht nicht mehr.

Ich habe noch einen kleinen Traum; ich möchte gerne in dem Jahr, in dem ich 60 werde, nochmals an die Red Bull Romaniacs gehen und dieses völlig irre Extreme Enduro Rennen, das über 5 Tage geht, nochmals bestreiten, da wäre ich wohl einmal mehr der älteste Teilnehmer 😊 That’s it!

Spate: Rolf Enz, vielen Dank für das Interview.

(Die Fragen stellte Ruedi Vorburger)

Enduro Palmares Rolf Enz

– 2 facher FMS Enduro Schweizermeister 2013+2022

– 2 facher FMS Enduro Vize-Schweizermeister 2018+2021

– 5 facher FMS Enduro Dritter Schweizermeisterschaft 2012+2014+2015+2017+2019

– WESS RED BULL ROMANIACS – Bronze 2017

– WESS XL LAGARES, Portugal 2019

– FIM ISDE 6DAYS Rivanazzano, Italia – Bronze 2021

– FFM Tréfle Lozérien Mende, France 2021

Kontakt

www.rolfenz.ch | rolf.enz@rolfenz.ch