YES HE DID IT! Erstes Rennen, erster Saisonsieg nach turbulentem Rennen!

RENNBERICHT ENDURO EPERNAY (F)
Nach 1 ½ Jahren «Corona-Pause» konnten sich die Protagonisten der Enduro Schweizermeisterschaft endlich wieder messen! Der Moto Club Epernay (F), der in einer Kleinstadt inmitten der malerischen, französischen Champagne ansässig ist, hat zum Kräftemessen geladen. Der Pariser Vorort Club war Gastgeber für die Französische, die Belgische und Schweizerische Meisterschaft. Rolf Enz, der eine kurze Woche hinter sich hatte, weil er am Wochenende zuvor am Trèfle Lozérien startete (3Tage, 600KM), war gut vorbereitet angereist und bereit abzuliefern. Dass es dann doch nicht «geschmeidig» ablief erzählt der folgende Bericht!
«Ich bin mit Barbara am Freitag kurz nach Mittag angereist, um die Sonderprüfungen abzulaufen. Unser Hund «Maroon» blieb zu Hause bei seinem Gotti, so konnte er sich die fünfstündige Reise sparen. Die drei SP’s waren wie 2017, als wir das letzte Mal hier fuhren, an den gleichen Orten abgesteckt. Jedenfalls zwei davon. Die Dritte, in einem Feld abgesteckt, konnte man nur erahnen, weil am Freitag noch keine Banderolen angebracht wurden und das Gras Meterhoch stand ^^. Mich beschlich schon da ein komisches Gefühl, vor Allem auch, weil auf allen drei SP’s alte Furchen von vergangenen Rennen zu sehen waren. Teils halbmeter tief durchkreuzten sie die neu abgesteckten Singletrails».
Enz, der mittlerweile nicht nur auf seiner Identitätskarte, sondern auch auf dem Terrain ein «alter Hase» ist, konnte aber auch Vorteile an der Situation erkennen. Da er über ein gutes Gedächtnis verfügt und sich in eine Art «virtuelle Sicht der Dinge» versetzen kann, lernte er nach zweimaligem Ablaufen der Sonderprüfungen die Strecke auswendig. Die dritte SP wurde am Samstag dann doch noch gebändelt, zudem fuhr ein riesiger Traktor mit Mähvorrichtung die Gräser platt, so dass sich Enz beim zweiten Begehen alles einprägen konnte. Der Rennsonntag konnte kommen!
Technische Kontrolle mit besonderem französischen «Touch»
Technische Kontrolle “à la Francaise”!
Vor dem eigentlichen Renntag musste noch die administrativ- und technische Kontrolle absolviert werden. Der Papierkram wurde gewohnt schnell und routiniert von den Schweizer Vertretern abgehandelt und so konnte Enz seine KTM 500 EXC-F an die technische Abnahme stossen, vorbei an allen französischen und belgischen Fahrern. Für die Schweiz gab es eine Extra-Gasse.
«Bei der Maschinenkontrolle beschlich mich dann ein weiteres Mal ein komisches Gefühl. Mein Motorrad wurde gar nicht richtig kontrolliert. Die Lärmmessung wurde an einem Ort aufgestellt, die nicht dem Reglement entspricht (viel zu nahe an wiederhallenden Flächen). Die erste Lärmmessung ergab dann auch 113DB, was 1 DB zu hoch ist. Grundsätzlich kein Problem, da wird in der Regel ein Auge zugedrückt weil es immer Abweichungen gibt. Aber nein (.) was macht der Kommissär? Er macht einfach eine zweite Messung ohne das Gas voll aufzudrehen und meldet 109DB. Eigentlich war es mir ja egal, aber dennoch eine eigenartige Situation. Dann, als ich fertig «abgefertigt» wurde, ruft jemand von hinten, ob mein Helm kontrolliert wurde. Der Kommissär, der eigentlich nur für das da war hatte es einfach «vergessen». Ich musste mich vor Lachen zurück halten, denn der Letzte der am nächsten Tag gelacht hätte wäre ich selber gewesen. Ohne Helm-Kontrollsiegel kein Start! Mein Helm wurde dann einzig nach Aussehen kontrolliert und nicht einmal die ECE Norm wurde überprüft… «Das ist ja ein ganz schöner Helm» meinte der besagte Kommissär zu meinem Leatt 9.5, der mir auch in der Saison 2021, wie der Rest der gesamten Ausrüstung, von Leatt Europe und Hostettler zur Verfügung gestellt wird und knallte einfach einen Siegel-Kleber drüber- «vas-y, c’est bon!».
“Und zu guter Letzt wurden wir nicht mit den üblichen elektronischen Transpondern ausgestattet! “on le fait à la vieille” war die Antwort, das konnte ja heiter werden..” Und so kam es dann auch..
Offizielle Zeitnahme-Uhr defekt am Start!
Als Enz pünktlich am Sonntag aufgereiht am Start stand, ging das nächste Überraschungspaket los. Auf der rechten Seite stand die offizielle Zeitmessung, wo die Piloten die genaue Uhrzeit ablesen konnten, um in der richtigen Minute ihren Motor anzulassen (Bemerkung; gemäss Reglement müssen bis dorthin die Maschinen gestossen werden).
«Als ich dastand versuchte ich die Uhrzeit abzulesen, aber es war schlichtweg unmöglich. Die sechs Zahlen zeigten 88:88:88 an, wahrscheinlich weil die Sonne voll darauf schien. Erstaunlicherweise war das Zelt, wo wir eigentlich den Start sonst hatten etwa 20Meter weiter vorne, so dass ich zuerst dachte, dass diese Uhr gar keine Funktion hatte, die Verwirrung war perfekt. Ich entschied dann auf meine eigene GPS Uhr zu schauen, die auf den Hundertstel nach Greenwich genau anzeigte. Ich liess ein paar Sekunden nach meiner Startzeit verlaufen und startete mein Motorrad. Plötzlich schrie mich jemand von hinten links an, ich sei zu früh und mir würde eine Strafminute aufgebrummt ^^. Unglaublich! Besagter Typ sagte dann, dass er die Zeit angebe, wann gestartet wird und zeigte auf seine private Armbanduhr, die nicht nur vom letzten Jahrhundert aussah, sondern auch garantiert nicht mit der Uhr der Rennleitung synchron war. Zudem zeigte er mir nicht die Zeit, welche er behauptete, dass sie auf seiner Uhr stand!»
Das Theater vor dem Rennstart war perfekt! Die beiden anderen Piloten, die mit Enz in der selben Linie starteten, hatten ihre Maschinen ebenfalls gestartet und sofort wieder gestoppt. Enz wurde in ein Wortgefecht verwickelt bis dann zum Glück der Schweizer Rennkommissionspräsident Daniel Abé, der das ganze beobachtet hatte, alles entschärfte und Grünlicht gab. Er sagte, dass er sich keine Sorgen machen musste.
«Selbstverständlich war ich total verwirrt! Das war eine absolute Frechheit, mich derart in den Senkel zu stellen, wenn der Veranstalter selber sein Equipment nicht im Griff hat. Ich habe alles richtig gemacht, nach 25 Jahren Rennerfahrungen auf national- und internationaler Ebene weiss ich wie der «Töff» läuft! Besagter Typ hatte sich vorgängig auch überhaupt nicht ausgewiesen als offizieller Starter, er stand einfach herum. Dass die Uhr nicht lesbar war bezeugten anschliessend alle Fahrer, die im gleichen Zeitraum starteten.»
Nachdem Enz gestartet war, stellte der Veranstalter die Position der Uhr um (von rechts nach links der Gasse) und hüllte sie in eine Kartonschachtel ein, um sie vor den Sonnenstrahlen zu schützen. Das war Beweis genug, dass etwas nicht stimmte. Enz war wieder einmal zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen… und es war noch nicht fertig mit den Miseren..
«Als ich dann endlich unterwegs war und es am Stadtrand direkt in ein paar schön angelegte Singletrails ging, hatte ich den Kopf nicht bei der Sache, derart regte ich mich über die Situation auf. PÄÄÄNNGG und schon schlug ich mir den rechten kleinen Finger an einem Baum des Trails an, der stärker sein wollte als ich und natürlich gewann. Der Schmerz war stechend, der Handschuh blutig aber es weckte mich, zumindest vorübergehend. Genau etwa hundert Meter später, als ich in einer linkskurve das Vorderrad verlor und meinen Töff ablegen musste. STOOOOPPPPPP, sagte ich mir. So nicht! Tief Luft holen und ruhig weiter fahren. Das gelang mir dann auch halbwegs, indem ich das Tempo rausnahm».
SP1 als Lotteriespiel für Enz hergerichtet!
«Als ich als Erster meiner Kategorie an der gezeiteten SP1 ankam und zum Start aufgefordert wurde, sagte ich der Rennkommissärin, dass ich noch warte weil die französischen Fahrer, die vor mir gestartet waren viel zu langsam sind, ich sie einholen- und ausgebremst würde. Die SP war ein Singletrail ohne Überholmöglichkeiten, somit benachteiligt. Die Kommissärin bestand auf meinen Start. ich konnte sie noch zweimal hinhalten und musste dann starten».
Der Leser ahnt es…. Enz holte zwei der vor ihm gestarteten Fahrer ca. in der Mitte der SP auf, ausgerechnet vor einer Hardsektion wo es an einem schrägen Hang galt ohne grossen Anlauf links über Felspartien «raufzu-klettern». Kurz vorher konnte sich Enz des ersten Fahrers «entledigen» mit einem riskanten Überholvorgang und viel Schreien. Als Enz den besagten Linkshang mit Schwung rauffuhr, lag der nächste Konkurrent auf einer Wurzel und wurde von zwei Marschalls «ausgegraben» !!!!!!! Enz war blockiert und musste warten. Wertvolle Sekunden vergingen….. Als der arme Kerl endlich raus war, wollte Enz ansetzen um weiterzufahren, als plötzlich der Fahrer heraufschoss, den er eben überholt hatte und blieb ebenfalls an derselben Stelle hängen!!!
«Ich habe so laut vor Wut geschrieen, dass mich sogar Barbara, die auf der anderen Seite der Grube zuschaute, hörte! Unglaublich, die beiden Idioten (Entschuldigung, ich kann es nicht anders sagen) hatten die SP bestimmt nicht abgelaufen und nicht gesehen, dass dies die «HARD» Passage war und für sie eigentlich der «SOFT» Trail bestimmt war. Als der zweite Fahrer auch endlich geborgen war, bei ihm gings schneller, musste ich meine Aufholjagd nochmals starten und die beiden überholen. Ich hatte am Ende des Rennens mehr Halsschmerzen vom Schreien als Schmerzen am kleinen Finger. Ärgerlich war vor allem weil ich das Gefühl hatte richtig zügig und schnell unterwegs zu sein. Ich habe keinen einzigen Fehler gemacht und erkannte jede Ecke vom Ablaufen her wieder».
Der CLOU war aber, dass nach dem Start Enz’s das Rennen unterbrochen wurde aufgrund kaputter Zeitnahme. Nach 10 Minuten wurden dann die direkten Gegner in der Meisterschaft Enz’s losgelassen, notabene ohne «störende» Nachzügler unterwegs, die ihre Zeiten behindert hätten können. Enz war also doppelt gestraft! Es gab nur noch eins, die verlorene Zeit in den beiden anderen SP’s aufholen! Ein Ding der Unmöglichkeit, eigentlich war das Rennen für Enz gelaufen.
SP2 Totalausfall der Zeitnahme
Was am Vortag begonnen hatte ging am nächsten Tag nahtlos weiter! Als Enz an der SP2 nach einer schönen Überfahrt durch die Champagne Anbaugebiete und nass-rutschigen Waldpassagen, die ihm behagten, wurde Enz informiert, dass er sein Trink- und Werkzeugsack wieder anziehen konnte (er entledigt sich jeweils davon für die gezeiteten SP’s)! Die Zeitnahme war komplett ausgefallen. «Ja gibt’s den sowas?! Dachte ich mir, ich kann doch nun unmöglich die verlorene Zeit aus SP1 aufholen.. muss ich denn immer so ein Riesenpech haben?! ».
Die Antwort war klar, es gab nur eine; SP3!
SP3 Angriff!
Enz kam mit einem komfortablen Vorsprung an die CH2, wo anschliessend direkt die SP3 gestartet wurde. Enz nahm kleine Justierungen am Fahrwerk seiner KTM vor, ass eine Banane, einen CLIF Riegel und machte sich an den Start der auf einer grossen Wiese angelegten SP wo Vortags erst gemäht wurde. Bis auf ein paar enge Kurven war dies Art von SP genau der Grund, warum Enz eine 500er in der Meisterschaft einsetzt. Die Topografie war genau «al Dente» angerichtet für ein persönliches Spektakel.
«Ich bin ruhig gestartet, weil ich befürchtete, dass der Boden auf dem trockenen Heu rutschig war, aber schon nach der ersten Kurve merkte ich, dass ich einen super Gripp hatte! Die SP führte zunächst durch eine Kalksteingrube, um dann auf einer Graslandschaft zu münden. Auf den langen auf- und Abfahrten zog ich den Gashahn bis Anschlag und konzentrierte mich auf meine Linienwahl. Ich machte keinen Fehler und hatte ein gutes Gefühl am Ziel, zuletzt nahm ich meine Verfolger 9 Sekunden ab. Ob es allerdings reichte um das Malheur aus SP1 auszugleichen, daran glaubte ich nicht. Ich fuhr das Rennen zu Ende und verwunderte mich nicht mehr, als unsere Zieleinfahrt nicht einmal mehr kontrolliert wurde. Es hätte also sein können, dass einer meiner Konkurrenten die Zeit nicht einhalten konnte und dabei straffrei bleib. Soviel zur «manière française», viel Geschrei um eigene Fehler zu kaschieren, sorry, das musste noch sein».
Ende gut alles gut!
Dass sich Enz in der Endabrechnung täuschte war dann die Überraschung des Tages! Enz hatte in SP1 eine top Fahrt vor- und nach den Nachzügler hingelegt und war tatsächlich noch eine Sekunde schneller als der Nächstplatzierte! Da er in SP3 nochmals nachgelegt hatte, gewann Enz am Ende des Tages mit 10 Sekunden Vorsprung auf Urs Hunziker und Stefan Brägger (an dieser Stelle ein grosses Bravo an beide, die erstmals- und sicher nicht letztmals auf dem Podest standen»).
«Ein Wochenende mit einer regelrechten Achterbahn der Gefühle liegt hinter mir. Selbstverständlich bin ich mit dem Resultat zufrieden aber es war einfach ein «Riesenmurks», für den ich ganz einfach nichts kann. Es ist erst das erste Rennen des Jahres und es bleibt noch viel zu tun, hoffentlich lässt uns Corona machen. Ich bin auch nach so vielen Jahren nach wie vor glücklich wie ein kleines Kind auf meinem Motorrad und freue mich, den für mich schönsten Sport auf Erden ausüben zu dürfen. Ein grosses Dankeschön an mein nahes Umfeld, das mich unentwegt unterstützt und an meine Sponsoren, die mich auch in schwierigen Zeiten immer unterstützt haben, DANKE!».
Widmung
Ich widme diesen Sieg meinem ehemaligen Schulkameraden Jean-Christophe Perrin, der vor Kurzem als Bergführer bei einer 4’000er Meter Bergtour tragisch abgestürzt ist und ums Leben kam. Wir haben viel in unserem Leben geteilt und auch viele Berge zusammen erklommen. Viel zu früh wurde er aus dem Leben gerissen und wacht nun von da oben auf mich – RIP copain et à bientôt!»
Nächstes Ziel FIM International 6days!
Für Enz gilt es nun «umzusatteln»! Enz nimmt an den 6Days Enduro Weltmeisterschaften in Italien mit seinen Team-Partnern Hubert Zeller und Christophe Houser im «Swiss Team Senior» teil! Nach einem schmerzhaften Ausfall auf einer Überführung im Jahr 2014 in Argentinien, hat Enz noch eine Rechnung offen! «Ich werde für die 6days eine KTM 300 EXCtpi einsetzen. Das ist die Zweitaktversion meines aktuellen Bikes, das viel leichter zu bewegen ist. Ich habe nun strenge Testfahrten vor mir, wo es gilt Motor und Fahrwerk in Einklang zu bringen, so dass für mich alles passend ist. Ich freue mich sehr auf diesen Event, wo ich nun seit letztem November darauf trainiere».
Eine Woche nach den 6Days (6 Tage Rennen, an welchem ca. 200KM und 6 Sonderprüfungen am Tag absolviert werden (.)) steht dann auch gleich der nächste Lauf zur SM in Mazel (F) an, wo Enz 2019 bis an die letzte SP in Führung lag, bevor er aufgrund abgerissener Streckenbänder in den Wald abbog und viel Zeit verlor, um dann noch Zweiter zu werden. «Auch da habe ich eine Rechnung offen! Mal schauen ob ich innerhalb einer Woche den Spagat schaffe zurück von der 300er auf die 500er, es bleibt spannend!».
Stay tuned! Wir halten Euch auf dem Laufenden, auch in diesem Jahr via den Social-Media Kanälen (Facebook, Instagram) sowie auf der Homepage, wo aktuell die neue T-Shirt Support Kollektion aufgeschaltet ist!
Partners|sponsors|2021